Aufschnur Logo

Facebook schluckt WhatsApp – Wieso ihr euren Messenger jetzt wechseln solltet

Wow, diese Meldung schlägt zur Zeit große Wellen in allen Medien: Facebook verleibt sich den beliebten Konkurrenz-Messenger WhatsApp für schlappe 19 Milliarden Dollar ein. Dieser Coup polarisiert: Hysterie der Datenschützer auf der einen Seite, gelangweiltes Achselzucken bei vielen Usern auf der anderen Seite. Während sich die einen durchaus um den Schutz ihrer Privatsphäre sorgen und manche erst jetzt aus ihrem Dornröschen-Schlaf erwachen, ziehen andere die Diskussion teilweise sogar ins Lächerliche. Dabei sollte euch diese Übernahme durchaus nachdenklich machen. Wieso, das möchte ich euch in diesem Artikel zeigen, sowie auch zwei gute Alternativen zu WhatsApp vorstellen.

Wieso ihr von WhatsApp zu einem besseren Messenger wechseln solltet

WhatsApp ist einfach zu bedienen, funktioniert und ist beliebt. Wieso also wechseln? Wie eingangs schon erwähnt, spaltet die Nachricht der WhatsApp-Übernahme die Benutzer-Gemeinde. Auch im eigenen Bekanntenkreis habe ich zu diesem Thema nun schon öfters dieselbe alte Leier gehört. Meistens kommt dann eines dieser „Argumente“:

  • Datenschutz, Verschlüsselung, was kümmert’s mich? Ich habe doch nichts zu verheimlichen!
  • Ich nutze doch auch bereits Facebook, das Kind ist schon in den Brunnen gefallen. Dann kann ich auch weiterhin WhatsApp verwenden.
  • Aber alle meine Freunde nutzen WhatsApp.

Letzteres ist natürlich nachvollziehbar. Doch hier gilt einfach gesagt das Gesetz der Masse: Je mehr Leute wechseln, umso eher ist man auch selbst bereit dazu. Aber irgendwer muss anfangen. So war es doch auch bei WhatsApp am Anfang. Und bereits jetzt beobachtet man schon große Mengen an Neuanmeldungen bei der Konkurrenz. Allein während des jüngsten WhatsApp-Serverausfalls vermerkte Telegram 100 Neuanmeldungen pro Sekunde. Was die anderen Begründungen für einen Nicht-Wechsel angeht, das ist schlichtweg nicht zu Ende gedacht. Denn es geht nicht nur allein um Verschlüsselung oder Abhörsicherheit. Und es macht doch einen großen Unterschied, ob ihr „nur“ die Facebook-App oder auch zusätzlich noch WhatsApp auf eurem Gerät nutzt. Zweifler und bequeme sollten sich der folgenden Dinge bewusst werden:

1. Facebook ist ein Datenkrake und WhatsApp ist nun ein Tentakel davon!

Facebook OctopusFacebook ist ein Multi-Milliarden-Konzern. Sein Kapital sind letztlich auch eure Daten, die ihr in Facebook (oder verknüpften Anwendungen!) preisgebt. Eine ganz besondere Bedeutung kommt hier auch der Verknüpfung eurer Daten zu: Je mehr eurer Online-Profile mit Facebook verknüpft werden, je mehr Geräte mit Facebook ausgestattet sind (PC, Smartphone, Tablet), umso umfassender wird die Analyse und Auswertung eurer Person, eures Charakters, Vorlieben, politische Ausrichtung, Zielgruppe, Kaufkraft, usw. Über jeden von euch gibt es bei Facebook schon eine dicke Akte bzw. einen umfangreichen Datensatz. Mit WhatsApp wird der Datenpool nochmal stark angereichert.

2. WhatsApp WIRD assimiliert werden

WhatsApp-Facebook-App

Der Albtraum vieler WhatsApp-User nach der Facebook-Übernahme

Wie war das? Facebook hat doch gesagt, dass bei WhatsApp erst einmal alles beim Alten bleibt? Glaubt ihr ernsthaft, Facebook nimmt 19 Mrd. Dollar in die Hand, nur um alles beim Alten zu lassen? Wenn das Unternehmen klug handelt, wird es erst einmal den Sturm abwarten bis sich die Aufregung gelegt hat. Doch früher oder später wird WhatsApp mit Facebook verschmelzen oder zumindest miteinander verbunden. Oder WhatsApp wird komplett eingestampft, was aber eher unwahrscheinlich ist. Nach dem gestrigen mehrstündigen Serverausfall bei WhatsApp munkelten einige schon zynisch von einem „Update“ durch Facebook. Wie könnte der Zusammenschluss von WhatsApp und Facebook aussehen? Wahrscheinlich wird es eine Kontaktsynchronisierung geben. Denkbar wäre auch, dass ihr Messages aus WhatsApp auf Facebook teilt oder gesendete Bilder in eurem Facebook-Album landen. Die Eigentums- und Nutzungsrechte von Bildern und Videos, die ihr in WhatsApp verschickt, würden so per se an Facebook übergehen. Aber das beste: die tollen Werbeeinblendungen und Spieleeinladungen die wir in Facebook ja so lieben, könnte es dann auch zwangsweise gratis in WhatsApp geben.
Doch selbst wenn sich nichts an der Oberfläche von WhatsApp ändern sollte, eure Nachrichten und Inhalte aus WhatsApp werden ziemlich sicher auch in den Datencentern von Facebook landen.

3. WhatsApp ist unsicher

Intruder HackerWhatsApp hat sich in der Vergangenheit nicht gerade mit Ruhm bekleckert, was Datenschutz und Sicherheit angeht. Immer wieder werden neue eklatante Sicherheitslücken in dem Messenger aufgedeckt. Und auch der Umgang mit den Userdaten lässt Datenschützer immer wieder aufhorchen. Der Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert bezeichnet WhatsApp nicht umsonst als eine „Datenschleuder, die technisch nicht ausgereift ist“. Und das wird sich unter der neuen Schirmherrschaft von Facebook ganz sicher nicht ändern.

Gute Alternativen zu WhatsApp

WhatsApp hat momentan noch quasi eine Monopol-Stellung. Das macht es schwer die User für andere Messenger zu begeistern. Man nutzt ja gerne das mit der größten Verbreitung. Dabei mangelt es nicht an guten und vor allem sicheren Alternativen. Obwohl man an dieser Stelle gut ein Dutzend Apps anführen könnte, möchte ich nur zwei vorstellen die ich selbst auch parallel installiert habe und momentan noch teste. Es sind zwei der am weitest verbreiteten Messenger-Dienste neben WhatsApp und momentan auch viel in der Diskussion. Testet sie doch einfach mal aus, installiert sie übergangsweise parallel zu WhatsApp und informiert eure Kontakte über die Alternative die euch am besten zusagt.

Threema

threema_androidDer Messenger Threema ist vor allem im deutschsprachigen Raum sehr verbreitet. Entwickelt wird die App von der schweizer Firma Kasper Systems. Für eine kleine Einmalzahlung (zur Zeit 1,60 € bzw. 1,79 €) gibt es die App wahlweise für Android und iOS. Der Fokus dieses Messengers liegt auf Sicherheit. Mit einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung durch ein standardisiertes asymmetrisches Kryptografieverfahren wird gewährleistet, dass die Nachrichten verschlüsselt zwischen Absender und Empfänger ausgetauscht werden. Die Nachrichten werden verschlüsselt nur für kurze Zeit auf dem Threema-Server zwischengespeichert. Letztlich bleiben sie nur auf den beiden Endpunkt-Geräten (Absender und Empfänger).

Mir gefällt Threema sehr gut. Die Oberfläche ist aufgeräumt und in deutscher Sprache verfügbar. Funktionen wie Fotos und Videos teilen, Gruppenchat, etc. gibt es natürlich auch. Gut finde ich das komplette Sicherheitskonzept. Nicht nur die geheimdienstwürdige Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, sondern auch dass der Account nicht wie bei WhatsApp an die Mobilnummer gebunden ist, sondern an eine ID.
Da Threema nicht kostenlos ist, schreckt es manche User leider noch ab, die kein Geld für eine App ausgeben möchten oder wegen fehlender Kreditkarte keine Apps kaufen können. Andererseits, WhatsApp kostet auch 89 Cent – und das jährlich. Manche bemängeln, dass Threema kein OpenSource-Projekt ist, der Quellcode ist also nicht frei einsehbar. Es gibt auch keine offene API wie z.B. bei Telegram, wodurch auch inoffizielle Clients z.B. für andere Plattformen hätten entwickelt werden können. Threema unterstützt zur Zeit ausschließlich nur die beiden größten Plattformen, Android (4.0 oder höher) und iOS.

Telegram

Telegram AndroidHinter dem kostenlosen Messenger Telegram stehen die beiden Macher von VK, Europas größter Social Community (Russland). Telegram legt ebenfalls Wert auf Sicherheit und bietet optionale Ende-zu-Ende-Verschlüsselung an. Standardmäßig jedoch werden die Nachrichten in einer Cloud gespeichert. Telegram gibt es offiziell für Android und iOS, andere Plattformen werden teilweise durch inoffizielle Clients unterstützt.

Telegram macht ebenfalls einen guten Eindruck. Die Oberfläche ist teilweise sehr stark an WhatsApp angelehnt (ich möchte fast von einem Klon sprechen). Vom Funktionsumfang her kann dieser Messenger locker mit der Konkurrenz mithalten, hat teilweise sogar nette Zusatzfunktionen wie verschlüsselte Nachrichten mit „Selbstzerstörungsmechanisums“. Alle Nachrichten in Telegram sind verschlüsselt. Standardmäßig werden die Chats in einer Cloud gespeichert und sind so geräteübergreifend verfügbar. Mittels „Secret Chat“ wird eine Ende-zu-Ende-Kommunikation gestartet, diese Nachrichten sind dann tatsächlich nicht online auf Servern sondern nur auf den beiden Endpunkt-Geräten gespeichert.
Telegram ist zur Zeit leider noch nicht in deutscher Sprache verfügbar, aber das soll wohl noch folgen. Telegram nutzt ein selbstentwickeltes Übertragungsprotokoll (MTProto) und Verschlüsselungskonstrukt, das schon in der Kritik von Sicherheitsexperten stand. Etwas misstrauisch macht mich auch die Tatsache, dass die App komplett kostenlos ist, noch nicht mal mit Werbeeinblendungen. Die Cloudserver müssen ja auch irgendwie bezahlt werden. In Sachen Datenschutz nehmen sich Russen und Amerikaner wahrscheinlich nicht viel 🙂

Fazit

Es besteht kein Grund zur Panik, aber auch kein Grund um alles beim Alten zu lassen. Mit der Übernahme von WhatsApp durch Facebook wird sich früher oder später definitiv etwas ändern. WhatsApp wird zu einer weiteren Datenquelle für Facebook mutieren. Zumal WhatsApp schon immer einen schlechten Ruf hatte, was Datenschutz und Sicherheitslücken angeht. Grund genug, sich auch einmal nach guten Alternativen zu WhatsApp umzusehen. Genügend Kandidaten gibt es, viele davon sind kostenlos und können problemlos parallel installiert und genutzt werden. Die zwei vielversprechendsten Apps sind für mich Telegram und Threema.

Wie seht ihr die Sache? Habt ihr euren Messenger schon gewechselt? Und wenn ja, zu welchem und wie zufrieden seid ihr damit? Legt ihr Wert darauf, dass eure Gespräche, Bilder und Videos, die ihr in Messengern austauscht, unter euch bleiben? Ist es euch egal, wenn Behörden, Geheimdienste oder Marktanalysefirmen an eure Nachrichten kommen und auswerten könnten? Mal abgesehen von der Bequemlichkeit weil „halt jeder WhatsApp hat“, welche guten Gründe könnten sonst noch dafür sprechen, weiterhin WhatsApp zu nutzen?

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren:

2 Kommentare

Aufschnürer
23. Februar 2014 um 14:13 Uhr

PS: Wer möchte, kann gerne über Threema mit mir in Kontakt treten. Schickt mir einfach eure ID, dann adde ich euch.

Leonore
23. Februar 2014 um 14:24 Uhr

Guter und übersichtlich geschriebener Artikel. Danke! Würde ebenfalls gerne wechseln, an Windows Phone User wurde bei Threema jedoch nicht gedacht 🙁



Deine Meinung zählt