Weshalb billige USB-Sticks gefährlich sein können, und wie ihr gefälschte Flash-Laufwerke erkennt
Das Problem mit Billig- und Fake-Flash-Speichermedien
Ein Kollege präsentierte mir jüngst seinen „Schnapper“: Einen 512GB USB-Stick für zwei Euroirgendwas. Von Temu. „Ja, der Stick ist zwar echt langsam, aber dafür habe ich richtig viel Geld gespart“. Meine Aufklärungsversuche blieben fruchtlos. Ich kann verstehen, dass man heute möglichst überall Geld einsparen möchte. Umsichtig einkaufen ist ja auch clever. Die Gier nach Billigstschrott jedoch kann ich einfach nicht nachvollziehen. Und das gilt insbesondere auch für elektronische Geräte, wie billige USB-Sticks.
Billiger USB-Flashspeicher von Wish, Temu & Co. (mittlerweile auch immer häufiger auf Amazon und eBay zu finden) stellen dabei ein besonderes Risiko dar. Denn eigentlich sollen sie unsere Urlaubsfotos, Excel-Auswertungen, wichtige eingescannte Verträge und Urkunden, und vieles mehr, sicher transportieren oder als Backup sogar dauerhaft sichern. Doch diese Rechnung geht nicht auf.
Minderwertigen Flashspeicher gab es schon immer. Irgendwann entdeckte Fernost aber noch mehr (Betrugs-)Potenzial, was mittlerweile zu den heutigen Verhältnissen führte. Die Qualität der verlöteten Speicherbausteine sinkt dabei immer weiter. Oft beherbergen billige USB-Sticks nur noch verranzte Speicherchips – häufig mit abgeschliffenem Chipgehäuse, um die Rückverfolgbarkeit zu verhindern. Zum Einsatz kommen hier entweder minderwertige Speicherchips, die den Anforderungen für die Verwendung in Smartphones oder SSDs nicht genügen. Flash-Speicher, den sonst niemand mehr irgendwo einbauen mag oder darf, landet so in billigen USB-Sticks.
Zum anderen werden aber gerne auch Second-Hand Speicherchips verwendet, zum Beispiel aus alten Smartphones herausgelötete, was die Lebenserwartung stark reduziert. Und noch eine weitere, perfide Masche: USB-Sticks, in die schlichtweg eine alte/gebrauchte microSD-Karte eingelötet wird.
Na, und? Dann ist der Flash-Speicher eben kein Highend – ist doch nicht schlimm. Oder doch? Leider können euch billige USB-Sticks, die mit wiederverwendeten oder aussortierten Speicherchips bestückt sind, eine Menge Ärger bereiten. Denn es geht nicht nur um die Performance. Mit einem trägen USB-Stick können sich viele Sparfüchse noch abfinden. Doch minderwertiger Flash-Speicher ist nicht nur extrem langsam. Vor allem ist er auch unzuverlässig, und wird die Daten, die ihr darauf speichert eher früher als später ins Nirvana schicken.
Ein noch viel größeres Problem sind manipulierte Flash-Speichermedien, deren tatsächliche Speicherkapazität nur einem Bruchteil der angezeigten entspricht: Das erworbene Laufwerk zeigt im Betriebssystem tatsächlich die angegebene Speicherkapazität an, z.B. 1 TB. Physisch ist auf dem Speicherchip aber viel weniger Platz vorhanden, beispielsweise nur 64 GB. Das Problem dabei: Ihr bekommt nicht einfach nur weniger Speicherplatz. Das Laufwerk gaukelt euch und dem Betriebssystem etwas vor. Sobald nämlich der physisch vorhandene Speicherplatz zur Neige geht, werden neu hinzukommende Dateien nur noch als leere Hülle gespeichert. Lediglich Dateiname, Attribute sowie die Dateigröße werden im Dateisystemverzeichnis erfasst. Nicht aber der eigentliche Inhalt. Für euch sieht es dann so aus, als seien die Dateien korrekt auf das Laufwerk übertragen. Doch wenn ihr versucht, die Dateien zu öffnen, kommt der große Knall. Denn da ist nichts mehr, was man öffnen könnte. Nur noch wertlose Dateihülsen.
Wer kann das schon wollen? Leider sind aber nicht nur offensichtliche Billigheimer von den Fakes betroffen. Mittlerweile werden auch immer mehr USB-Sticks von Markenherstellern gefälscht. Daher kann ich jedem nur dringend empfehlen, jegliche USB-Speicherlaufwerke vor der ersten Verwendung zu testen. Dazu gibt es kostenlose Tools, die keine Fachkenntnis voraussetzen und einfach zu bedienen sind.
Testet eure USB-Sticks mit diesen kostenlosen Tools
ValiDrive erkennt gefälschte USB-Speichermedien
Das beste kostenlose Werkzeug im Kampf gegen manipulierte Flash-Speichermedien ist – neben H2testw – meiner Meinung nach ValiDrive. Es ist mit knapp 100kb extrem klein, super einfach zu bedienen und muss nicht installiert werden. Als Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung muss ich hier meinen Hut ziehen und Respekt zollen, denn ValiDrive ist in Assembler geschrieben. Also in schwer verständlicher, maschinenorientierter Sprache und damit nur eine Stufe über dem Binärcode mit Einsen und Nullen.
Von GRC gibt es neben ValiDrive noch die kostenpflichtige Software SpinRite. Die führt im Gegensatz zu ValiDrive keinen stichprobenartigen „Schnellcheck“ durch, sondern testet das Laufwerk vollständig bis zum letzten Bit. Außerdem bietet SpinRite noch Funktionen zur Wartung und Datenrettung an. ValiDrive ist für unsere Zwecke aber völlig ausreichend, und arbeitet ebenso zuverlässig.
Und was macht ValiDrive nun? Dieses Tool führt eine schnelle Zufallsstichprobenprüfung über den gesamten angegebenen Speicherbereich des Laufwerks aus. Dabei wird an verschiedenen, zufällig ausgewählten Punkten geprüft, ob die Speicherung und das Wiederabrufen von zufälligen, nicht manipulierbaren Testdaten erfolgreich ist.
Und so geht ihr vor: Startet ValiDrive, klickt auf „Check USB Drive“, und schließt dann erst das zu überprüfende USB-Laufwerk an. ValiDrive erkennt das Laufwerk und zeigt euch den Laufwerksbuchstaben, sowie die vom Laufwerk selbst angegebene Speicherkapazität an. Klickt dann auf „Validate THIS drive“, um die Prüfung zu starten.
Im Idealfall sind nach der Prüfung alle Blöcke grün, bzw. im Zustand „Validated“. Lese- und Schreibfehler sollten bestenfalls nicht auftreten, ansonsten könnte das Laufwerk bereits Probleme haben und nicht mehr ordnungsgemäß funktionieren. Auf keinen Fall aber solltet ihr rote Blöcke bzw. „No Storage“ erhalten. Dann nämlich dürfte es sich ziemlich sicher um ein gefälschtes Flash-Speicherlaufwerk handeln – einen Datenschredder den ihr auf keinen Fall weiterverwenden solltet!
Nicht nur für billige USB-Sticks
ValiDrive kann jegliche, per USB angeschlossenen Speichermedien testen, wie USB-Sticks, externe SSD-Laufwerke und SD-Kartenleser. Sogar klassische, mechanische USB-Festplatten kann das Tool prüfen. ValiDrive ist aber nicht nur ein Fall für billige NoName-Produkte. Da es auch zunehmend Fälschungen von Markenprodukten gibt, lohnt sich der Einsatz dieses Tools prinzipiell für alle eure USB-Speicherlaufwerke. Mit einem schnellen USB-Speichermedium an einem USB3-Port dauert diese Prüfung nur einige Sekunden. Preiswerte Flash-Laufwerke werden allerdings deutlich länger für diesen Vorgang benötigen. Das liegt daran, dass ValiDrive nur sehr kleine Datenblöcke überträgt und ständig zwischen Lesen und Schreiben wechselt. Bei solchen Aktionen trennt sich die Spreu vom Weizen.
Im Beispiel oben (rechte Seite) ist die Schreibperformance um ein Vielfaches schlechter als die Leseperformance. Hier lohnt sich die Überlegung, das USB-Laufwerk gegen ein besseres auszutauschen. Zum Benchmarken der Lese- und Schreibperformance gibt es noch weitere Tools, von denen ich euch im nächsten Abschnitt eines vorstellen werde.
Die Performance eurer (Flash-)Speicherlaufwerke mit CrystalDiskMark ermitteln
Eines der bekannteren Benchmark-Programme für Festplatten und andere Laufwerke ist das kostenlose Tool CrystalDiskMark. Während ValiDrive nur die gemessenen Übertragungszeiten ausgibt, ermittelt CrystalDiskMark die Schreib- und Leseraten des Laufwerks. Und zwar sowohl für sequentielle Zugriffe (SEQ), als auch für zufällig verteilte (RND). Das Programm gibt es als installierbare sowie als portable Anwendung.
Ihr könnt die Standardeinstellungen belassen, und müsst lediglich das zu prüfende Laufwerk auswählen (3). Startet den Prüfvorgang dann mit einem Klick auf „All“ (4). Optional könnt ihr vorher auch die Anzahl der durchzuführenden Testläufe ändern (1), oder die Größe der Testdateien anpassen (2).
Die Benchmark-Ergebnisse lassen sich prima mit denen anderer getesteter Laufwerke vergleichen (sofern die Testeinstellungen identisch sind, und mit derselben Hauptversion von CrystalDiskMark durchgeführt wurden, z.B. Version 8). Die ermittelten Schreib- und Leseraten geben einen guten Hinweis darauf, ob das Laufwerk in etwa die erwartete Leistung bringt. Vor allem billige USB-Sticks können sich dann nicht mehr verstecken mit ihrer schlechten Performance. Lasst euch dabei allerdings nicht von den theoretisch maximal möglichen Übertragungsgeschwindigkeiten der verschiedenen USB-Standards irritieren.
Achtung, Kabel!
Noch ein Tipp am Rande: Auch das verwendete USB-Kabel spielt eine große Rolle für die Übertragungsperformance eines Laufwerks. Denn Kabel ist nicht gleich Kabel. Das falsche USB-Verlängerungskabel kann jeden noch so schnellen USB-Stick zur lahmen Krücke machen. Selbiges gilt besonders auch für externe SSD-Laufwerke, wie im folgenden Beispiel eindrucksvoll zu sehen ist.
Das USB-Kabel eures Smartphones (Ladekabel) solltet ihr übrigens grundsätzlich besser nicht zum Anschluss von externen USB-Speicherlaufwerken verwenden. Diese Kabel unterstützen häufig nämlich keine hohen Übertragungsraten.
Billige USB-Sticks meiden und betrügerische Angebote erkennen
Grundsätzlich solltet ihr euch bei der Suche nach Flash-Speicherlaufwerken, wie z.B. USB-Sticks, nicht auf die billigsten Geräte fixieren. Im Prinzip ist es ganz einfach: Verstand einschalten, Gier ausschalten. Kauft nicht auf chinesischen Online-Marktplätzen wie Temu, AliExpress oder Wish ein. Und ja, ich weiß, viele davon haben ihren offiziellen Sitz in den USA. Doch unter der Haube regieren die Chinesen. Die meisten Händler auf diesen Plattformen haben ihren Sitz in China, und so gut wie alle Produkte stammen ebenfalls direkt daher. Und alle haben eines gemein: Ihr verzichtet auf Gewährleistungsansprüche, technische Sicherheitsstandards und gesundheitliche Unbedenklichkeit.
Und das typische Totschlag-Argument „Heute wird doch sowieso alles in China produziert“ ist nicht bis zuende gedacht. Es macht nämlich einen gewaltigen Unterschied, ob ein in Europa oder USA ansässiger Hersteller sein Produkt nach westlichen Standards in China produzieren lässt, oder ob ein in China ansässiger Hersteller ohne jegliche Qualitäts- oder Sicherheitsstandards (Stichwort CE-Kennzeichnung) das Produkt direkt in der billigsten, nächstbesten Fabrik zusammenschustern lässt.
Aber auch auf westlichen Online-Plattformen gilt: Kauft keine NoName-Produkte, wie unten im Beispiel zu sehen. Orientiert euch an bekannten Herstellern/Marken wie SanDisk, Crucial, Samsung, Intenso, Kingston, usw. Leider gibt es aber wie gesagt auch immer mehr Fälschungen von Markenprodukten. Vergleicht daher immer die Preise, und prüft bei besonders verlockenden Angeboten, ob diese überhaupt realistisch sind. Im Fall von USB-Sticks oder SSD-Laufwerken z.B., ob der Preis für die angebotene Speichermenge marktüblich ist. Natürlich gibt es auch mal günstigere Schnäppchen, sowie auch überteuerte „Sonderanfertigungen“. Aber alles bewegt sich innerhalb eines bestimmten Rahmens. Ein „echter“ USB-Stick mit 1TB Speicherplatz zum Beispiel ist nach heutigem technischen Stand nicht mal ansatzweise für 20€ zu haben.
Vorsichtig sein sollte man bei Angeboten mit nur wenigen oder auffällig übertrieben positiven Kundenbewertungen, sowie Artikel, die erst seit kurzem im Bestand des Shops sind. Auch der Firmensitz des Händlers spielt dabei eine Rolle. Auf Amazon z.B. lohnt sich immer ein Blick auf die Faktoren Herkunftsland/Sitz des Händlers, Marke, Glaubwürdigkeit der Kundenrezensionen, und Dauerhaftigkeit des Artikels:
Achtet auch auf die Angaben in der Produktbeschreibung. Gibt es z.B. widersprüchliche Angaben zur USB-Spezifikation (2.0, 3.0, 3.2, usw.) oder den Übertragungsraten? Bei manchen Produkten werden die grottig schlechten Übertragungsgeschwindigkeiten des Laufwerks sogar offenherzig mit angegeben. Vielleicht in der Hoffnung, dass Laien damit sowieso nichts anfangen können? Solche USB-Speichermedien solltet ihr auf jeden Fall auch meiden.
Ein günstiger aber brauchbarer Marken-USB-Stick, den ich euch empfehlen kann, ist z.B. der „Ultra Flair“ von SanDisk(Amazon Partnerlink). Den gibt es mit Speicherkapazitäten von 16 bis 512GB, und er hat ein praktisches, kleines Format mit einem robusten Metallgehäuse. Ich selbst verwende schon seit geraumer Zeit mehrere davon, und hatte bisher noch nie Probleme mit den Teilen. Es handelt sich dabei zwar „nur“ um USB 3.0, doch für den Alltag ist das für die meisten absolut ausreichend. Und die angegebenen Übertragungsraten erreicht dieser USB-Stick ebenfalls.